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Heimat: “Ein Tag mit ,Die Anstoß’ auf dem Kronenplatz”

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Foto: Sebastian Heck

Ein Festival rund um die Elefantenhalle!

Ein riesiger Elefant steht mitten auf dem Kronenplatz unter der eisernen Markthallenüberdachung. Er funkelt silbern, zieht alle Blicke auf sich, erträgt den Trubel und die Handy-Blitze um sich herum mit stoischer Ruhe. Das Tier besteht aus Milchkarton, 15.000 Tackerklammern halten 250 Einzelteile zusammen. Insgesamt ist er 3,38 Meter hoch, 3,05 Meter breit und 4,59 Meter lang.

Die Idee zu diesem imposanten Elefanten hatte Andreas Holldörfer vom Verein “Die Anstoß”. Er skizzierte den Entwurf und baute den Elefanten gemeinsam mit weiteren “Die-Anstoß”-Mitgliedern innerhalb von zwei Wochen in seiner Wohnung im Industriegebiet zusammen – in jeder freien Sekunde am Feierabend und am Wochenende. Es war ein Experiment. “Der Kopf passte am Ende nicht durch den Hausflur, wir mussten ihn aus dem Fenster abseilen”, erzählt er mir. In 15 verschiedenen Einzelstücken kam der Elefant schließlich zum Kronenplatz. “Erst als wir ihn unter der Markthallenüberdachung zusammenbauten, sah ich, dass mein Plan überhaupt funktioniert”, sagt Andreas. Die Erleichterung war groß.

Foto: Irma Cakalli

Musik und Diskussionsrunden im Elephant’ß Castle

Das Tier aus Milchkarton ist das Symbol des Festivals Elephant’ß Castle, das der Verein “Die Anstoß” jüngst organisierte. Musik, Performances und eine Diskussionsrunde zur Umgestaltung des Kronenplatzes: All das steht von mittags bis zum späten Abend auf dem Programm. Mit dabei sind unter anderem die Bands “Granfalloon” aus Manchester und “Cosmic Mints” aus Freiburg.

Foto: Sebastian Heck

Was soll mit dem Kronenplatz passieren?

Der Elefant, er befindet sich nicht zufällig unter dem Dach im südlichen Teil des Kronenplatzes. Das seitlich offene, aber überdachte Eisenkonstrukt wird auch Elefantenhalle genannt. Ursprünglich als Markthallenüberdachung gebaut, 2003 zur Boulebahn umgenutzt, wird nun in den nächsten Wochen abgerissen. Die Umgestaltung des Kronenplatzes beginnt.

Das Festival von “Die Anstoß” ist so auch ein Beitrag zum Transformationsprozess des Platzes. Mit Interaktion. Jeder, der an diesem Festivaltag möchte, kann an einer Holz-Konstruktion, dem sogenannten Info-Dome, Notizen hinterlassen, und aufschreiben, was er sich für den Kronenplatz wünscht.

Foto: Sebastian Heck

Foto: Irma Cakalli

Foto: Irma Cakalli

Christian Hennig ist links zu sehen. Foto: Malte Schweizerhof

Interview mit Christian Hennig!

Mit Christian Hennig von “Die Anstoß” habe ich darüber gesprochen, wo sich der Verein im Umgestaltungsprozess des Kronenplatzes selbst sieht – und welche Wünsche die Bürger im Info-Dome hinterlassen haben.

Warum ist es “Die Anstoß” wichtig, an der Umgestaltung des Kronenplatzes mitzuwirken?

Christian Hennig: Die anstehende Sanierung der Innenstadt-Ost ist eine innenstadttypische Herausforderung. Die vielen Leerstände, die bunte Nachbarschaft und die unterschiedliche Immobilien-Nutzung: Der Kronenplatz hat großes Potential für eine positive Entwicklung. Die Geschichte des ältesten Stadtteils von Karlsruhe zeigt, dass er informell entstanden ist und schon immer sehr künstlerisch und integrativ geprägt war. Durch die Lage des „ßpace“ in der Fritz-Erler-Straße sind wir direkt davon betroffen und daran interessiert, Karlsruhe zu einem noch lebenswerteren Ort zu machen. Wir wollen uns bei der Gestaltung und Weiterentwicklung des Stadtteils aktiv einbringen und weitere Bürger und Initiativen aufrufen, sich daran zu beteiligen.

Foto: Sebastian Heck

Die Innenstadt-Ost und den Kronenplatz sehen wir als Experimentierfeld und sind interessiert an neuen Formen der Bürgerbeteiligung. Es geht uns auch darum, Ideen und Vorschläge direkt umzusetzen. Der Kronenplatz, der so zentral in der Innenstadt liegt, sollte für alle Bürger nutzbar sein. Uns geht es außerdem um ein erweitertes Angebot zur geplanten Stadtbibliothek, aber vor allem um die Übergangszeit bis zum Neubau, der ja wohl erst in fünf bis zehn Jahren kommen wird.

Was genau war euer Ziel mit „Elephant’ß Castle“?

Christian Hennig: Unser Ziel war es, Ideen einzuholen und zu erfahren, was den Bürgern wichtig ist, was sie sich wünschen und vermissen. Das hat auch funktioniert. Außerdem konnten wir uns mit dem Jubez und Cola Taxi Okay über unsere gemeinsamen Ziele für die Zukunft austauschen. Uns ist es wichtig, Kooperationen mit Anliegern, Initiativen und Kulturschaffenden aufzubauen. Mit dem Festival wollten wir den Karlsruhern zeigen, was es für Möglichkeiten gibt, einen Stadtteil aktiv mitgestalten zu können.

Foto: Sebastian Heck

Wie fiel der Input der Bürger beim Festival aus? Welche Wünsche haben sie geäußert?

Christian Hennig: Über die Probleme und mangelnde Aufenthaltsqualität waren sich eigentlich alle einig. Aber auch über das Potential, was den leeren Platz angeht. Die zentrale Lage sehen alle als Vorteil.

Grundsätzlich wünschen sich die Karlsruher folgende Dinge für den Kronenplatz:

  • mehr Aufenthaltsqualität durch Sitzmöglichkeiten
  • mehr Grün
  • Angebote für Kinder
  • Ausstellungsfläche für Kunst, Möglichkeit für Konzerte
  • ein Kiosk
  • Gastronomie
  • selbstorganisierte und selbverwaltete Nutzungen
  • temporäre Projekte durch Bürger. Es ist definitiv der Wunsch da, sich selbst an der Gestaltung und Zukunft der Stadt zu beteiligen, was uns natürlich sehr gefreut hat.

Foto: Irma Cakalli

Wo genau seht ihr Probleme hinsichtlich der derzeitigen Konzeption des Platzes?

Christian Hennig: Man muss zwischen dem südlichen und nördlichen Kronenplatz unterscheiden. Die Gestaltung des südlichen Teils würde ich als okay bezeichnen. Natürlich ist es schade, dass das Jubez als vielfältiger und belebter Ort baulich so wenig mit dem Platz zu tun hat. Aber es gibt bereits Ideen und Ansätze, das zu ändern. Was die Nutzung und Aufenthaltsqualität angeht, ist aber noch Luft nach oben. Die angrenzenden Geschäfte – beispielsweise Copyshops – öffnen sich zum Großteil nicht in den öffentlichen Raum. Aber die Stadt hat eben auch nur begrenzt Einfluss auf die Auswahl der Mieter der Geschäfte.

Und wie sieht es mit dem nördlichen Kronenplatz aus?

Christian Hennig: Dort ist die Situation schwieriger. Der nördliche Kronenplatz ist einzig ein Durchgangsraum und wirkt wie ein Hinterhof. Das liegt unter anderem an den langjährigen Baustellen- und Containeraufbauten und an der monotonen, großmaßstäblichen Architektur des Gebäudes der ehemaligen Vereinten Versicherungen. Durch den Bau der Tiefgarage unter dem Platz mussten in den 1990ern alle Bäume weichen, was die Aufenthaltsqualität sehr gemindert hat. Es sind außerdem kaum Sitzmöglichkeiten vorhanden und Schatten gibt es auch keinen. Dazu kommt, dass die derzeitige Konzeption des Wochenmarktes dort eher noch eine Barriere zur Kaiserstraße schafft. Für mich ist es aber auch fraglich, ob ein reines Konsumangebot an Geschäften und Gastronomie die Lösung für die Belebung dieses Ortes ist.

Steht ihr im direkten Austausch mit der Stadt?

Christian Hennig: Ja. Kontakt besteht bereits mit dem Stadtplanungsamt, das den Sanierungsprozess steuert. Außerdem stehen wir im Austausch mit dem Marktamt, das für den Wochenmarkt auf dem Kronenplatz/Kaiserstraße zuständig ist, und wir sprechen mit Verantwortlichen des KIT, das Nutzer des Triangel- und Brückengebäudes am nördlichen Kronenplatzes ist. Wir könnten uns gut vorstellen, eine zentrale Rolle in einem alternativen Stadtentwicklungsprozess einzunehmen. Also zu vernetzen, zu koordinieren, zu diskutieren, zu kuratieren und natürlich uns auch selbst durch verschiedene Veranstaltungsformate einzubringen.

Was könntet ihr euch für die Zukunft des Platzes gut vorstellen?

Christian Hennig: Wir fänden es schön, wenn wir die Möglichkeit bekämen, für einen gewissen Zeitraum den Platz frei nach unseren Vorstellungen gestalten zu können. Wichtig wäre uns, dass der Platz zukünftig multifunktional genutzt werden kann: Es soll Raum für Austausch, Vernetzung und Verwirklichung entstehen. Kein Konsumzwang. Der Platz soll offen für alle sein. Kreativ und produktiv. Informell und wandelbar.

Foto: Sebastian Heck

Was schwebt euch konkret vor?

Christian Hennig: Denkbar wäre ein baulicher Rahmen auf dem Kronenplatz, beispielsweise in Form einer pavillonartigen Struktur, die ganz unterschiedlich genutzt werden kann. Jeder sollte die Möglichkeit haben, an der Gestaltung und Weiterentwicklung mitwirken zu können und auch selbst ein Programm oder eine Veranstaltung ins Leben zu rufen.

Wir von “Die Anstoß” sind sehr motiviert, solch ein Projekt zu veranstalten. Es hängt nun aber sehr von weiterem Input und der Bereitschaft von Kooperationspartnern, der Stadt Karlsruhe und definitiv von Fördergeld ab. Man könnte es aber als Experiment oder Studie betrachten, um zu erfahren, was sich die Karlsruher für den Kronenplatz wünschen und was wirklich funktioniert. Es wäre doch schön, den Bürgern die Möglichkeit zu geben, ihr Lebensumfeld aktiv mitzugestalten – und so einen verwaisten Stadtplatz zu vermeiden.

Christian Hennig hat am KIT Architektur mit städtebaulichem Schwerpunkt studiert und arbeitet seit gut drei Jahren in einem Stadtplanungsbüro in Karlsruhe. In seiner Berufspraxis erfährt er, wie die Entscheidungen auf der politischen Ebene getroffen werden. Die Vereinsarbeit bei „Die Anstoß“ sieht er als Ergänzung dazu.

Info:
Die nächsten Veranstaltung von “Die Anstoß” ist am kommenden Freitag, 21. September, zwischen 13 und 22 Uhr. Wie mir Silke Roth von “Die Anstoß” erzählt, bespielen “Die Anstoß” anlässlich des Parking Days gemeinsam mit UZO, COLA TAXI OKAY, Greenpeace und weiteren Organisationen die Parkplätze in der nördlichen Karlstraße zwischen Akademiestraße und Stephanienstraße mit verschiedenen Aktionen. Mehr dazu auf Facebook.

Wer sich für die Projekte von Die Anstoß interessiert und mitmachen mag, findet auf der Internetseite des Verein weitere Infos: Die Anstoß

Fotos (2): Sebastian Heck

Der Beitrag Heimat: “Ein Tag mit ,Die Anstoß’ auf dem Kronenplatz” erschien zuerst auf Die Schreibmaschine.


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